Jan Korte, MdB (DIE LINKE) (www.jan-korte.de)

Informationsfreiheit und Transparenz auf höchstem Niveau regeln

27.06.2013

Rede zu Protokoll zu TOP 60: Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung von Informationsfreiheit und Transparenz unter Einschluss von Verbraucher- und Umweltinformationen – Informationsfreiheits- und Transparenzgesetz [Drucksache 17/13467] sowie Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses (4. Ausschuss) [Drucksache 17/13800]

Sehr geehrter Herr Präsident,
werte Kolleginnen und Kollegen,

spät in dieser Legislatur haben die Diskussionen um Informationsfreiheit, Auskunftsrechte und -pflichten, um Open-Data noch einmal richtig Fahrt aufgenommen. Die Sachverständigenanhörung des Innenausschusses zu der umfangreichen Evaluierung des Informationsfreiheitsgesetzes und zur Aufnahme der Informationsfreiheit ins Grundgesetz am 24.9.2012 hat die Mängel der geltenden Regelungen zur Informationsfreiheit ziemlich schonungslos aufgedeckt und noch einmal deutlich gemacht, dass wir weit hinter anderen Ländern herschleichen.

Leider hat diese Konzentration am Ende der Legislatur – dazu kommt auch noch das ebenfalls von der SPD stammende Presseauskunftsgesetz, das ja ebenfalls heute von der Mehrheit abgelehnt werden wird – dazu geführt, dass wahlkampforientierte Schnellschüsse abgefeuert wurden. So auch mit dem vorliegenden Gesetzentwurf. Insofern können wir unsere Kritik aus der ersten Lesung im Wesentlichen wiederholen.

Selbstverständlich ist die Idee, mit einem Informationsfreiheits- und Transparenzgesetz alle sieben relevanten Bundesgesetze zu vereinen und dabei das vor sieben Jahren in Kraft getretene Informationsfreiheitsgesetz (IFG) zu reformieren und an entscheidenden Stellen endlich auch zu verbessern, ausgezeichnet. Das unterstützen wir auch.

Noch immer glauben manche Regierungs- und Behördenvertreter offenbar nach wie vor, dass es ausreiche, wenn das Ministerium eine Webseite habe, um Transparenz zu schaffen. Von proaktiver Informationsfreigabe, auf jeder Sachverständigenanhörung dringend gefordert, in jeder sachkundigen Diskussion eingeklagt, fehlt jede Spur.  Stattdessen wird permanent die alte Mär von den eigensüchtigen Interessen derjenigen wiederholt, die Anträge auf Auskunft stellen.

Entweder hat die Regierung immer noch nicht die Bedeutung der Transparenz staatlichen Handelns für die Demokratie erkannt oder aber einfach nur ein anderes Demokratieverständnis. Beides wäre schlecht und muss schnellstens geändert werden.

Die Verpflichtung der Verwaltungen zur proaktiven – also der unaufgeforderten und selbstverständlichen – Veröffentlichung »einer Vielzahl von Verwaltungsdaten im Internet» ist lange überfällig. Zu Recht ist das der Kernpunkt des neuen Gesetzes.

Dem selbstgewählten Vorbild, also dem beispielhaften Hamburger Transparenzgesetz sowie dem dazu gehörigen Open Data-Portal der Stadt Hamburg, wird der Gesetzentwurf der SPD allerdings nicht Punkten gerecht.

Anders als sie es noch auf Ihrer Pressekonferenz zur Vorstellung des Gesetzentwurfs  darzustellen versucht hat, ist es der SPD nämlich nicht gelungen, die Ausnahmetatbestände »auf das tatsächlich notwendige Maß» zu reduzieren sowie »eine stärkere Betonung der Abwägung zugunsten eines überwiegenden öffentlichen Interesses am Informationszugang« durchzusetzen. Die im Gesetzentwurf in Abschnitt 3 stehenden Formulierungen bieten für die Behörden einen gehörigen Spielraum bei der Umsetzung. Der §7 Schutz öffentlicher Belange ist mit der Einfügung »soweit das Bekanntgeben der Informationen nachteilige Auswirkungen hätte» so unkonkret formuliert, dass es, wenn man z. B. die hier im Bundestag tagtäglich anzutreffende Praxis zum Maßstab nimmt, stets möglich wäre Anträge aus Sicherheits- und Geheimhaltungsgründen abzulehnen. Und das wundert mich auch nicht wirklich. Unseren Antrag »Demokratie durch Transparenz stärken – Deklassifizierung von Verschlusssachen gesetzlich regeln» (17/6128), der eine automatische Deklassifizierung von Verschlusssachen nach 20 Jahren vorsah, haben Sie ja erst kürzlich zusammen mit der Koalition abgelehnt. War das denn schon zu viel Transparenz?

Auch § 8 »Schutz sonstiger Belange», der den Schutz personenbezogener Daten ebenso regeln soll wie den Schutz von Betriebsgeheimnissen, ist längst nicht so klar formuliert wie es das Hamburger Vorbild getan hat.

Ebenfalls hätte der Umfang der proaktiv zu veröffentlichenden Informationen durchaus größer ausfallen können. Warum Sie darüberhinaus weiterhin unter bestimmten Umständen die Kosten den Anfragenden aufbürden wollen, müssen Sie uns mal erklären. Gerade diese Gebührenregelung, die zudem immer wieder zu missbräuchlich überhöhten Gebühren führt, wurde und wird im Zusammenhang mit der Evaluierung des IFG kritisiert. Aus unserer Sicht spricht nichts gegen eine konsequent kostenfreie Nutzung und Anforderung der Daten.

Leider – auch diese Kritik begleitete die kurze Geschichte Ihres Entwurfs von Anfang an – gehen Sie  im gesamten Entwurf nicht näher auf Open Data ein. Auch hier wiederholen wir uns: Weder die Maschinenlesbarkeit der Daten, noch die Verpflichtung, die Daten unter einer freien Lizenz zu veröffentlichen, ist bei Ihnen vorgesehen. Beides sind aber doch Essentials einer transparenten Datenpräsentation.

Ein einheitliches Regelwerk auf höchstem Niveau, das auch das nicht minder reformbedürftige Verbraucherinformationsgesetz (VIG) verbessert und die Stellung des Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit deutlich stärkt, hätte tatsächlich für die Bürgerinnen und Bürger nur Vorteile und würde die Demokratie hierzulande nachhaltig stärken.

Die Idee ist also gut, bei der Umsetzung hapert es leider noch. Dies sollten wir frühzeitig und fraktionsübergreifend in der nächsten Wahlperiode angehen. Bei der Abstimmung über den vorliegenden Gesetzentwurf werden wir uns enthalten.

Vielen Dank.

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