Spitzelbehörden sind nicht reformierbar und gehören aufgelöst!

09.07.2012

Gemeinsame Erklärung von Jan Korte (Mitglied des Fraktionsvorstandes DIE LINKE und Leiter des Arbeitskreises Demokratie, Kultur, Wissen und Bildung) und Ulla Jelpke (Innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE)

Spitzelbehörden sind nicht reformierbar und gehören aufgelöst!

Die Rücktritte der Verfassungsschutz-Präsidenten des Bundesamtes und des Landesamtes Thüringen sind so überfällig wie wirkungslos. Sie lösen nicht das eigentliche Problem: Geheimdienste sind per se wie ein Fremdkörper in der Demokratie, die sich jeder Kontrollierbarkeit entziehen. Sie sind nicht reformierbar, weil es in ihrer Natur liegt, geheim und intransparent zu agieren. Dadurch sind sie zwangsläufig Geheimniskrämer, Desinformanten und potentielle Rechtsbrecher.

Das zeigt sich besonders deutlich im Unwesen der V-Leute. Es ist ohnehin schon fragwürdig genug, dass staatliche Stellen Nazikader mit Geld versorgen in der vagen Hoffnung, dafür Informationen zu erhalten. Wie jetzt klar ist: Weder in Bezug auf die NPD noch in Bezug auf das Umfeld der Naziterrorgruppe NSU hat das funktioniert. Das NPD-Verbotsverfahren ist gescheitert, und davon, dass die gewalttätige Nazi-Szene kontrolliert worden sei, kann nicht die Rede sein. Herausgekommen ist nur eines: Ein undurchdringliches Dickicht aus staatlich alimentierten Nazifunktionären aus deren Mitte heraus eine Terrorgruppe wuchs.

Es ist Zeit, sich bewusst zu machen: Der Verfassungsschutz produziert nicht von Zeit zu Zeit einen Skandal, sondern seine schiere Existenz ist bereits ein Skandal. Seine schiere Existenz bedeutet eine Beschädigung der Demokratie.

Wir warnen vor dem Glauben, man könne die staatlichen Geheimapparate bändigen oder gar kontrollieren. Wer Vorschläge zur "Reform" der Geheimdienste in die Debatte wirft, wirkt unseres Erachtens zu wenig stringent.

Denn er verschafft diesen Institutionen einen Hauch von Legitimität. Er erweckt den Eindruck, diese Apparate durch ein paar neue Paragraphen und vielleicht noch eine anders gestaltete Parlamentskommission beherrschen zu können. Er suggeriert, Geheimdienste hätten behebbare Fehler, anstatt klar zu sagen, dass ihnen das Fehlerhafte zwangsläufig eingebrannt ist.

Der Verfassungsschutz ist eine massive Gefahr für die Demokratie, weil er allen demokratischen Grundsätzen widerspricht. Der Geheimdienst ist undemokratisch, oder er ist nicht. Ein demokratisches, kontrolliertes Spitzeln kann es genauso wenig geben wie einen demokratischen, kontrollierten V-Leute-Komplex. Deshalb lehnen wir alle Bestrebungen, den Geheimdienst zu "reformieren" oder ihm sogar noch weitere Befugnisse zuzuschanzen, energisch ab.

Die Aufgabe, die Verfassung zu schützen, muss tagtäglich aufs Neue die Zivilgesellschaft mit ihrem Eintreten gegen menschenverachtende und rassistische Ideologien selbst bewerkstelligen. "Feinde der Demokratie" können nur mit den Mitteln der Demokratie bekämpft werden. Es gilt offen arbeitende Forschungs- und Dokumentationsstellen zu schaffen, die demokratisch kontrollierbar menschenfeindliche Strukturen analysieren und die Öffentlichkeit entsprechend aufklären. Die bestehenden Projekte engagierter BürgerInnen arbeiten im Kampf gegen Rechts bereits jetzt auch inhaltlich auf einem höheren Niveau als die im braunen Sumpf verstrickten Schlapphüte.

Am Verfassungsschutz hingegen gibt es nichts zu verbessern. Wir sind für eine klare Lösung, und die heißt: Abschaffung der Verfassungsschutzämter!


weitere Pressemeldungen:

"Jelpke und Korte"[1] Lafontaines Linke vom 09.07.2012

Links:

  1. http://www.lafontaines-linke.de/2012/07/jelpke-und-korte-papier-abschaffung-verfassungsschutz-neskovic/