Neustart für die Demokratie

17.10.2013

Von Jan Korte, Leiter des Arbeitskreises Demokratie, Recht und Gesellschaftsentwicklung und stellvertretender Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE. im Bundestages

Das Geld sei erst nach der Bundestagswahl überwiesen worden, "weil nicht der Eindruck einer Beeinflussung des Wahlkampfes entstehen sollte", heißt es. Die Entscheidung über die Großspende der Familie Quandt, BMW-Großaktionäre, an die CDU sei bereits im Frühjahr getroffen worden. Die Spende sei auch eine Anerkennung "für die sehr erfolgreiche Arbeit der Bundeskanzlerin bei der Bewältigung der Euro-Krise" gewesen. Ein Schelm wer dabei auf den Gedanken käme, die knapp 690.000 Euro stünden im Zusammenhang mit der aktuellen Debatte in Brüssel über die Reduktion des CO2-Ausstoßes von Neuwagen ab 2020.

Nun, zumindest was die Gründe für die Ausstellung eines dicken Schecks an die CDU anbetrifft, dürften die Aussagen der Familie Quandt ein Fünkchen Wahrheit in sich tragen. Denn von den so genannten Rettungspaketen der deutschen Regierung für EU-Mitgliedsländer wurde kaum mehr gerettet, als die Anlagen und Vermögen der Superreichen und Banken. Die Bevölkerungen der betroffenen Staaten hingegen haben harte Kürzungsmaßnahmen zu schultern. Auch vor diesem Hintergrund hat DIE LINKE als einzige Partei in der vergangenen Legislaturperiode gegen jedes Kürzungspaket im Bundestag gestimmt.

Doch davon einmal abgesehen, wem die Krisenpolitik der Kanzlerin in den letzten vier Jahren genützt hat, bleibt bei Großspenden von Konzernen und Unternehmen an Parteien, ob nun direkt nach dem Wahltag oder in der laufenden Legislaturperiode, immer auch ein Geschmäckle zurück. Und dieses ist unappetitlich und schwer verdaulich. Großspenden von Unternehmen an Parteien lassen nicht nur politische Entscheidungen einzelner Fraktionen im Bundestag in einem zweifelhaften Licht erscheinen, nein, vielmehr wird der gesamte Prozess der demokratischen Meinungsbildung so infrage gestellt.

DIE LINKE nimmt keine Spenden von Unternehmen und Konzernen an und tritt darüber hinaus für eine transparentere Ausweisung der Finanzierungsquellen von Parteien insgesamt ein. Hinter dieser Forderung steht unser Konzept der Demokratisierung der Demokratie, ja wenn man so will, deren Neustart. Demokratie heißt, den Willen der Mehrheit zu vertreten und dabei Minderheiten zu schützen. Deutsche Demokratie unter Merkel, Schröder & Co. zeichnete sich in der Vergangenheit dadurch aus, den Willen der Mehrheit der Menschen zu ignorieren und einer reichen Minderheit Einfluss auf politische Entscheidungen einzuräumen. Dieses System funktioniert nicht nur über Großspenden, sondern auch über starke Lobbyistenverbände, die an der einen oder anderen Stelle Einfluss auf Gesetzesentwürfe nehmen. Mit Demokratie und der Wahrung von BürgerInnenrechten hat dies wenig zu tun.

Auch in dieser Legislatur wird es innerhalb der Linksfraktion im Bundestag einen Arbeitskreis Demokratie und BürgerInnenrechte geben. In diesem arbeiten die Mitglieder des Rechts-, Innen- und Petitionsausschusses zusammen. Die Fraktion hat mich auf ihrer konstituierenden Klausur zum Arbeitskreisleiter und stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden mit diesem Geschäftsbereich gewählt. Und gemeinsam werden wir in den kommenden Monaten parlamentarische Initiativen einbringen, die eine Stärkung der Demokratie und ein Zurückdrängen des Einflusses von Unternehmen und Vermögenden auf politische Entscheidungen zur Folgen haben.

Demokratisierung bedeutet aber auch, sich einzusetzen für Minderheiten, Flüchtlinge, ein neues Wahlrecht, die Aufarbeitung der deutschen Geschichte sowie die Stärkung des engagierten Kampfes Vieler gegen Rechtsextremismus und Rassismus. All dieser Aufgaben werden wir uns in unserem Arbeitskreis annehmen und dem Parlament und der Gesellschaft zur Diskussion zur Verfügung stellen. Dabei werden uns in dieser 18. Legislaturperiode neue Abgeordnete unterstützen und nicht nur ich, sondern auch die "alten Hasen" und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter freuen sich darauf. Wir werden weiter konsequent für eine Abschaffung des Verfassungsschutzes streiten, für eine lückenlose Aufklärung des NSU-Terrorakte, für eine neue Sicherheitsarchitektur ohne ein Mehr an Überwachung, für eine Stärkung der justiziellen Selbstverwaltung und des (ArbeiternehmerInnen)Datenschutzes kämpfen. Unsere Ziele, die wir uns in unserem Wahlprogramm gegeben haben, wollen wir für die Demokratie, für die Menschen und mit ihnen verwirklichen.

In den vergangenen beiden Legislaturperioden haben wir enge Kontakte zu Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern, Anwalts- und Richtervereinigungen, Bürgerbewegungen und Datenschützern geschaffen. Diese suchen wir weiter zu intensivieren und auf neue Gruppen von engagierten Bürgerinnen und Bürgern zuzugehen. Denn Veränderung, Toleranz und mehr Offenheit entsteht immer aus der Gesellschaft und nicht allein aus Parlamenten heraus.

linksfraktion.de, 17. Oktober 2013