Jan Korte, MdB (DIE LINKE) (www.jan-korte.de)

Bundesregierung bei NSA-Affäre auf ganzer Linie gescheitert

16.01.2014

Über ein halbes Jahr ist nach den Enthüllungen Edward Snowdens verstrichen, ohne dass die Bundesregierung etwas bewirkt hat um die Überwachung der Bevölkerung zu beenden. Sie hat keine eigene Aufklärung betrieben, sondern sich auf Auskünfte von US-Behörden verlassen. Die einzige konkrete Aktivität der Bundesregierung, die Verhandlungen zu einem No-Spy-Abkommen, drohen nun zu scheitern. Bundeskanzlerin Merkel ist auf ganzer Linie gescheitert. Es wird endlich Zeit, nicht länger auf Antworten zu warten, sondern selbst aktiv zu werden um diesen grundrechtswidrigen Zustand zu beenden, so Jan Korte in seiner Rede zur von der Fraktion DIE LINKE beantragten Aktuellen Stunde im Bundestag zum Thema "Haltung der Bundesregierung zu den Verhandlungen über ein No-Spy-Abkommen zwischen den USA und der Bundesrepublik Deutschland"

Jan Korte, DIE LINKE: Bundesregierung bei NSA-Affäre auf ganzer Linie gescheitert

Jan Korte (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Seit Juni vergangenen Jahres haben wir es mit einem der größten Datenschutz- und Grundrechteskandale in der Geschichte überhaupt zu tun. Das millionenfache Ausspähen der Bevölkerung ist ein fundamentaler Angriff auf die Grundfeste der Demokratie, nämlich die freie Kommunikation und das Kommunizieren frei von Kontrolle. Das Hauptproblem bei dieser Affäre ‑ weswegen die heutige Debatte so wichtig ist und von uns beantragt wurde ‑ ist die Haltung der kompletten Bundesregierung in dieser Frage. Das muss sich endlich ändern, liebe Kolleginnen und Kollegen.
[Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN]

Was wurde seit Juni getan? Darüber müssen wir einmal sprechen. Zunächst wurde die Opposition von der damaligen Bundesregierung als antiamerikanisch und naiv beschimpft; das war der Kollege Friedrich. Dann wurde die Affäre von Herrn Pofalla für beendet erklärt; alle Verdächtigungen seien ausgeräumt. Dann wurde bekannt, dass das Telefon der Kanzlerin ausspioniert wurde. Bei diesem Vorgang war die erste Gefühlsregung bei Ihnen feststellbar. In dieser Woche gibt es ein Interview mit dem ehemaligen Innenminister Friedrich, Zitat: Ich hatte wichtigere Themen. Das ist dieser Affäre nicht einmal im Ansatz angemessen. Das ist eine bodenlose Frechheit.
[Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN]

Dann wurde Folgendes gemacht: Man hat einen Fragenkatalog versandt, von dem wir bis heute nicht wissen, ob die Fragen überhaupt beantwortet wurden und, wenn ja, wie. Dann fiel die Bundesregierung besonders als PR-Agentur für die US-Regierung auf, und dann gab es ‑ jetzt wird es ganz toll ‑ einen Anruf bei Präsident Obama durch die Kanzlerin, die darum bat ‑ so konnte man der internationalen Presse entnehmen ‑, man möge das Handy doch nicht mehr abhören. Sie sagte laut New York Times - ich zitiere -: „This is like the Stasi”. Das ist also das, was von der Kanzlerin dazu zu hören war. ‑ Dann war Ihr Vorhaben, das Sie tatkräftig angehen wollten, ein No-Spy-Abkommen auf den Weg zu bringen.

Nun kennen wir die Medienberichte. Wir wissen überhaupt nicht, ob es zu einem No-Spy-Abkommen kommen wird
[Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wahrscheinlich nicht!]
und, wenn ja, was drinsteht. Wir wissen auch nicht, ob es dabei nur um Regierungsmitglieder geht oder um die gesamte Bevölkerung, was angemessen wäre. Folgendes war diese Woche interessant: Selbst der Präsident des BND ist schwer verunsichert und nicht zufrieden. Ganze Weltbilder brechen bei den Kollegen Uhl und Mayer von der CSU in sich zusammen; sie fragen sich, wie das denn sein kann. Das ist immerhin ein Indiz dafür, dass Sie etwas zur Kenntnis genommen haben. Ohne den Druck der Opposition und ohne den Druck und die Aufarbeitung von kritischen Medien würde hier nichts passieren.

Was macht die SPD? Sie kann sich mal wieder, wie so oft, nicht entscheiden zwischen Bürgerrechten - da gibt es leichte Ansätze beim neuen Bundesjustizminister - und einer völlig enthemmten Law-and-Order-Politik, für die Olaf Scholz und die Genossen in Hamburg stehen. Es ist wie immer: Auf die SPD ist kein Verlass. Sie ist in dieser Debatte zu nichts zu gebrauchen. Auch das ist sehr bedauerlich.
[Beifall bei der LINKEN]

Ich will eines sagen: Wir dürfen nicht nur auf Großbritannien und die Vereinigten Staaten schauen. Wir müssen vielmehr vor der eigenen Haustür kehren; denn die Datensammelwütigen sind im eigenen Land, hier im Bundestag. Wir brauchen da eine Umkehr, auch hier in Deutschland.
[Beifall bei der LINKEN]

Sie werden sicherlich sagen: Mensch, der Kollege Korte von den Linken hat mit dem, was er hier vorträgt, recht. Aber was sollen wir denn konkret tun?
[Clemens Binninger (CDU/CSU): Wer sagt das?]
Deswegen möchte ich Ihnen einige ganz konkrete Vorschläge machen und Empfehlungen geben, wie wir weiterkommen und etwas verändern können.

Erstens. Kündigen Sie umgehend die Verhandlungen zum transatlantischen Freihandelsabkommen auf! Das ist eine Sprache, wenn es um die Wirtschaft geht, die auch die Vereinigten Staaten von Amerika verstehen. Das wäre etwas Konkretes, wo sie handeln würden.
[Beifall bei der LINKEN - Volker Kauder (CDU/CSU): Völlig sachfremd!]

Zweitens. Legen Sie alle Verträge und Abkommen zum Datenaustausch zwischen den Diensten offen ‑ darauf haben die Menschen ein Anrecht ‑, und legen Sie das Fluggastdatenabkommen und den Bankdatenaustausch auf EU-Ebene mit den USA auf Eis! Werden Sie in Europa aktiv!
[Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN]

Drittens. Berufen Sie einen Sonderermittler mit allen notwendigen Kompetenzen! Wir möchten einen konkreten Vorschlag machen ‑ er wäre dafür sehr geeignet ‑: Bitten Sie Peter Schaar, den ehemaligen exzellenten Bundesdatenschutzbeauftragten, diese Aufgabe zu übernehmen! Das wäre die richtige Person und ein Zeichen dafür, dass Sie handeln wollen.
[Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Clemens Binninger (CDU/CSU): Für welche Aufgabe?]

Viertens. Beerdigen Sie endlich final die Vorratsdatenspeicherung, und werden Sie auf EU-Ebene aktiv, damit sie nicht umgesetzt wird! Es ist an der Zeit. Auch das ist wichtig.
[Beifall bei der LINKEN]

Letzter konkreter Vorschlag. Es gibt Botschaftsangehörige, die hier spionieren. Wenn man eine fleißige und gute Spionageabwehr hat oder hätte, sollte es hin und wieder gelingen, dies rauszubekommen.
[Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die haben ja Wichtigeres zu tun!]

Erklären Sie diese Botschaftsangehörigen zu Personae non gratae! Das wäre ein wichtiges Zeichen, um zu zeigen, wie man mit so etwas umgehen muss. Für die CSU in ihre Sprache, die nicht meine ist, übersetzt, würde das bedeuten: Wer spioniert, der fliegt. - Das wäre die richtige konsequente Antwort.
[Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN]

Ich komme zum Schluss. Ich bin fest davon überzeugt, dass auch wir in der Bundesrepublik eine neue Ära von Bürgerrechten und Datenschutz brauchen. Wir müssen vor der eigenen Haustür damit anfangen. Am Freitag will Präsident Obama zu diesen Vorgängen Stellung nehmen. Sie haben heute als Regierungsfraktionen - die Bundesregierung ist leider nicht unbedingt mit der ersten Riege vertreten -, [Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU - Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin: Aber hallo!]
die letzte Chance, hier klar Stellung zu beziehen und sowohl nach Washington als auch an die eigene Bevölkerung ein Zeichen zu senden. Es wird jetzt wirklich höchste Zeit, dass Ihr Gepenne ein Ende hat.

Schönen Dank.
[Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]

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