Jan Korte, MdB (DIE LINKE) (www.jan-korte.de)

Vor 11 Jahren: Die Rehabilitierung der "Kriegsverräter"

14.09.2020
Mit Ludwig Baumann und Dominik Heilig bei der Buchvorstellung "Kriegsverrat - Vergangenheitspolitik in Deutschland"

Vor elf Jahren hatte ich meinen größten politischen Erfolg, auf den ich heute noch stolz bin: Nach jahrelanger Arbeit stimmte die Mehrheit des Bundestags der Rehabilitierung von "Kriegsverrätern" zu. Als "Kriegsverräter" wurden im zweiten Weltkrieg Wehrmachtssoldaten verurteilt, die kritische Tagebucheinträge verfasst hatten oder Kriegsgefangenen ein Stück Brot zugesteckt hatten. 

Im Oktober 2006 hatten meine Fraktion und ich die Initiative mit dem sperrigen Titel "Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege (2. NS-AufhGÄndG)" eingebracht. Auch damals waren CDU/CSU und SPD in der Regierungskoalition. Und obwohl etliche Koalitionsabgeordnete damals wussten, dass eine Rehabilitierung richtig wäre, wurde es ewig verzögert. Darüber berichtete damals unter anderem der SPIEGEL "Rehabilitierung von NS-Opfern wird zum Trauerspiel", der Tagesspiegel "Das letzte Tabu", die taz "Im Namen des Führers" oder, sehr ausführlich, auch der Deutschlandfunk "Deserteure, 'Wehrkraftzersetzer' und 'Kriegsverräter'".

In der SPD dauerte es lange, bis das Anliegen dort so viel Unterstützung hatte, dass man den Mut fand es gegenüber der Union zu thematisieren. Selbst als aus unserer Initiative ein gemeinsamer Gruppenantrag entstanden war, dem sich Abgeordnete aus Linksfraktion, Grünen, SPD, FDP und sogar Unionsabgeordnete angeschlossen hatten, gab es aus der SPD-Fraktion noch die Empfehlung, dem Antrag nicht zuzustimmen. Die traute sich erst nach dem OK aus der Unionsfraktion aus der Deckung, in der sich die Vernunft gegen die letzten Vertreter des "Stahlhelmflügels" durchgesetzt hatte. 

Am 8. September 2009, drei Jahren nach Einbringung unseres Gesetzentwurfs, stand dieser zur Abstimmung. Außerdem der überfraktionelle, wortgleiche Gruppenantrag sowie ein gleichlautender Antrag von allen Fraktionen außer der LINKEN - sonst wäre die CDU/CSU nicht mit draufgegangen. In meiner Rede zur Debatte im Plenum stellte ich damals fest:

"Auch wenn ich dazu ein wenig Lust verspüre, will ich nicht darüber sprechen, was hier in den letzten drei Jahren gesagt und wie diskutiert wurde. Ich will auch nicht darüber reden - man kann hier eine andere Position haben -, was aus parteitaktischen Erwägungen in den letzten drei Jahren abgelaufen ist. Ich will auch nicht näher darauf eingehen, dass es schon relativ absurd ist, dass ausgerechnet der Name derjenigen Fraktion, die dieses Thema seit dreieinhalb Jahren vorangebracht hat, nicht auf diesem Antrag steht. Aber geschenkt! Wir stimmen auf jeden Fall zu; das haben wir immer gesagt. Uns geht es um die Sache. Deswegen werden wir heute natürlich allen Anträgen zustimmen, in denen eine pauschale Rehabilitierung vorgesehen ist."

Das Protokoll der gesamten Debatte, inklusive der Beiträge aus der CDU/CSU-Union, findet man hier im Plenarprotokoll.

Am Ende war die Rehablitierung der "Kriegsverräter" beschlossene Sache. Für mein Team, damals vor allem Dominic Heilig, mit dem ich später ein Buch darüber herausgegeben war das ein großer Erfolg. Und auch für Ludwig Baumann, der sich als Vorsitzender der Bundesvereinigung der Opfer der NS-Militärjustiz viele Jahre lang für die Rehabilitierung eingesetzt hatte. 

Auf über den Beschluss und seine Geschichte erschienen einige Berichte:
"Späte Rehabilitierung von 'Kriegsverrätern'" Deutsche Welle am 8.9.2009
"Bundestag rehabilitiert 'Kriegsverräter'" Frankfurter Rundschau am 8.9.2009
"Bundestag rehabilitiert sogenannte Kriegsverräter" Die Welt am 8.9.2009
"Bundestag hebt Urteile gegen 'Kriegsverräter' auf" Spiegel am 8.9.2009

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