»Das Ölembargo ist ein soziales Pulverfass«

Fünf-Punkte-Positionspapier für einen Schutzschirm für Ostdeutschland

12.05.2022

Bisher war der Grundsatz der Bundesregierung, dass Sanktionen der russischen Führung mehr schaden sollten als Deutschland. Das ist beim geplanten Ölembargo der EU, zu dem die Bundesregierung bereits Zustimmung signalisiert hat, offenkundig nicht der Fall, insbesondere nicht für Ostdeutschland. Anstatt endlich das Vermögen russischer Oligarchen in Größenordnungen zu beschlagnahmen, soll ein überstürztes Ölembargo kommen, das die ostdeutsche Wirtschaft weitgehend unvorbereitet treffen wird. Laut Wirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen) könnte es „rumpelig“ werden. Das ist deutlich untertrieben. Der Importstopp ist ein soziales Pulverfass, insbesondere für den Osten. Preissprünge auf über drei Euro pro Liter Sprit hält das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung für möglich, selbst wenn die Ölraffinerie in Schwedt gerettet wird.

Wer bezahlt das Ölembargo?

„Die Schwächsten wird es am stärksten treffen“, prophezeien Ökonomen wie Thomas Staubhaar. Das Ölembargo wird die Inflation, die aktuell schon bei 7,4 Prozent liegt, weiter antreiben. Lebensmittel werden noch teurer, wenn die Spritpreise weiter steigen. Hartz-IV-Beziehende, Rentnerinnen und Rentner, Gering- aber auch Normalverdiener sind von den Teuerungen besonders betroffen. Eine Inflationsrate von 7 Prozent und mehr bedeutet, dass die Kaufkraft der Bürgerinnen und Bürger in etwa um ein Monatsgehalt, eine Monatsrente oder einen monatlichen Regelsatz sinkt. Eine inakzeptable Entwicklung! Die bisherigen Maßnahmen reichen nicht aus. Die Bundesregierung muss deutlich mehr tun, um die Bürgerinnen und Bürger vor den Kostensteigerungen zu schützen.

Für EU-Staaten wie z. B. Tschechien und die Slowakei werden zeitlich befristete Ausnahmen vom Embargo diskutiert. Da Ostdeutschland ähnlich abhängig ist vom russischen Öl, sollte es auch für die ostdeutschen Länder Übergangsregelungen geben.

Die Fraktion DIE LINKE fordert einen Schutzschirm für Ostdeutschland, um die Folgen des Ölembargos abzufedern. Fünf Punkte stehen dabei im Mittelpunkt.

1. Ölraffinerie PCK und Arbeitsplätze in Schwedt retten!

Der Standort Schwedt muss erhalten bleiben. Denkbar ist, dass der Staat als Eigentümer oder Treuhänder übernimmt. Wir brauchen eine Beschäftigungsgarantie – alle 1.200 Arbeitsplätze in Schwedt müssen gerettet werden. Der Ausfall der Öllieferungen muss komplett ersetzt werden. Die Bundesregierung sollte der Stadt Schwedt und den Bürgerinnen und Bürgern eine Standortgarantie geben.

2. Abzocke der Mineralölkonzerne stoppen!

Mit einem Embargo werden Spritpreise von über drei Euro in Ostdeutschland befürchtet. Schon die aktuellen Preise von über zwei Euro führen zu einem erheblichen Kaufkraftverlust. Die Mineralölkonzerne, die aktuell historisch hohe Gewinne einfahren, nutzen die Situation schamlos aus. In kaum einem anderen Land Europas sind die Spritpreise seit Kriegsbeginn so gestiegen wie in Deutschland. Wirtschaftsminister Habeck muss die Abzocke der Konzerne endlich stoppen. Dass die Reduzierung der Energiesteuer auf drei Monate befristet wird, ist falsch. Wir brauchen eine Aussetzung der Energiesteuer, solange die Preise auf Rekordniveau liegen.

3. Preise für Lebensmittel runter!

Die Preise für Lebensmittel werden weiter durch die Decke gehen, wenn die Spritpreise steigen. Die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel sollte ausgesetzt werden. Allein im ersten Quartal 2022 hat der Staat 18,8 Milliarden Euro über die Mehrwertsteuer mehr eingenommen als im Vorjahreszeitraum. Es kann nicht sein, dass der Staat noch an den steigenden Preisen verdient. Dazu sollte die Bundesregierung die Supermarktketten, die zuletzt in der Coronakrise prächtige Gewinne erzielt haben, in die Pflicht nehmen. Angesichts der immer teureren Lebensmittel braucht es einen Preisgipfel im Kanzleramt.

4. Rettungsfonds für ostdeutsche Unternehmen

Ähnlich wie in der Coronakrise werden Wirtschaftshilfen für notleidenden Betriebe und Unternehmen in Ostdeutschland notwendig. Es muss verhindert werden, dass das Embargo die ostdeutsche Wirtschaft um Jahre zurückwirft. Insolvenzen aufgrund des Lieferstopps darf es nicht geben. Die Bundesregierung muss einen Rettungsfonds für ostdeutsche Unternehmen auf den Weg bringen.

5. Entlastungspaket ausweiten!

Die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger bei den Energiekosten reichen nicht ansatzweise aus. Das Entlastungspaket der Fraktion DIE LINKE sieht für eine vierköpfige Familie 2.200 Euro in diesem Jahr vor, um die steigenden Preise tragen zu können. Ein Rentnerehepaar bekäme nach unserem Modell 1.400 Euro. Die Bundesregierung hingegen hat Rentnerinnen und Rentner vom Energiegeld ausgeschlossen. Dies ist ein Skandal, den wir nicht akzeptieren werden. Auch Rentnerinnen und Rentner müssen Hilfen bekommen. Das Entlastungspaket der Bundesregierung muss angesichts des Ölembargos drastisch ausgeweitet werden.