Datenaustauschabkommen besser gestern als heute auflösen

03.07.2009

Das Gesetz »zum Abkommen vom 1. Oktober 2008 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über die Vertiefung der Zusammenarbeit bei der Verhinderung und Bekämpfung schwerwiegender Kriminalität« bedeutet einen schwerwiegenden Eingriff in die Freiheits- und Grundrechte, in den Datenschutz und die Schutzbestimmungen des Grundgesetzes. Das Abkommen ist daher umgehend wieder aufzulösen, so Jan Korte in seiner Rede:

Sehr geehrter Herr Präsident,
werte Kolleginnen und Kollegen,

ich habe es bereits in der ersten Lesung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung gesagt und möchte es dennoch wiederholen: Wenn die Bundesregierung das Parlament dazu missbraucht, längst beschlossene internationale Abkommen nur noch formal abzunicken, beschädigt sie damit die Demokratie und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Parlamentarismus.

Darüber hinaus ist ebenfalls festzuhalten, dass wir heute zum wiederholten Male einen Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgelegt bekommen, der einen schwerwiegenden Eingriff in die Freiheits- und Grundrechte, in den Datenschutz und die Schutzbestimmungen des Grundgesetzes darstellt. Dies überrascht nun weder mich, noch die Bürgerinnen und Bürger, ist doch der letzte reguläre Tagesordnungspunkt in der 16. Legislatur des Bundestages symptomatisch für die bürgerrechts- und grundgesetzfeindliche Politik der Großen Koalition.

Das Gesetz »zum Abkommen vom 1. Oktober 2008 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über die Vertiefung der Zusammenarbeit bei der Verhinderung und Bekämpfung schwerwiegender Kriminalität« regelt die Voraussetzungen für das Inkrafttreten des Abkommens in Deutschland. Das Abkommen selbst steht jedoch nicht zur Debatte.

Das Abkommen aber regelt den Datenaustausch zwischen den USA und der BRD zur Bekämpfung schwerwiegender Kriminalität, »insbesondere« des Terrorismus. Geregelt werden hierin u.a. der automaitiserte Datenaustausch von DNA- und aktyloskopischen Daten, die gegebenenfalls um weitere personenbezogene Daten ergänzt werden können. In einzelnen Artikeln werden die Bestimmungen des Prümer Vertrages übernommen. Dessen Türöffnerfunktion für den umfassenden Austausch von DNA- und Fingerabdruckdaten bestätigt sich durch das BRD-USA-Abkommen nun deutlich. Diese Gefahr, der Öffnung von Tür und Tor durch die Verabschiedung des Prümer Vertrages für eine verstärkte Überwachung der Bürgerinnen und Bürger wurde durch alle Oppositionsfraktionen vor Jahren bereits kritisiert.

Erneut wird durch die Bundesregierung in dem benannten Abkommen, wie bei so vielen anderen, auch dem Prümer Vertrag, obendrein noch ungelenk und unspezifisch mit dem Kampf gegen den Terrorismus jongliert - und dies, ohne dass die Regierung auch nur den Hauch einer Definition des Begriffes Terrorismus besitzen würde.

Dies verwundert nicht, denn bei der Eindämmung und Bekämpfung von Terrorismus hat die Bundesregierung, also SPD und CDU/CSU, vollends versagt. Beiden Fraktionen geht es mit dem Abkommen lediglich um die uferlose Weitergabe, Speicherung und Verknüpfung personenbezogener Daten. Die neue Qualität besteht jedoch in der Dreistigkeit, neue Datenkategorien zu erfassen und den amerikanischen Diensten zur Verfügung zu stellen. So können demnach auch Daten an US-Foltergeheimdienste weitergereicht werden, die Informationen zu Rasse oder ethnischer Herkunft, zu politischer Anschauung, zu religiöser oder sonstiger Überzeugung oder zur Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft beinhalten. Auch die Gesundheit und das Sexualleben von potentiell Verdächtigen scheinen für deutsche wie amerikanische Dienste von Interesse zu sein.

Niemanden darf es angesichts dieser Fülle von Daten die über den großen Teich geschickt werden sollen verwundern, dass Auskunftsrechte für Betroffene in dem Abkommen nur ungenügend ausgestaltet und die Zweckbindung der Daten nicht nur nicht gewährleistet, sondern nahezu freigestellt sind.
Das Gesetz über das das Parlament heute aber entscheiden soll, setzt lediglich das soeben kritisierte Abkommen mit den USA in nationales Recht um und legt das Bundeskriminalamt (BKA) als nationale Kontaktstelle für den automatisierten Datenaustausch und den Austausch von personenbezogenen Daten im Einzelfall zur Strafverfolgung fest. Das BKA ist damit die verantwortliche Schaltstelle bei der Weitergabe von DNA- und Fingerabdruckdaten sowie (spezieller) personenbezogener Daten diverser Sicherheitsbehörden, die auch zur Strafverfolgung weiter gegeben werden können. Das BKA entscheidet darüber hinaus auch über eine mögliche Zweckänderung bei der Verwendung dieser Informationen in den USA. In diesem Zusammenhang weist geradezu pampig die Bundesregierung die doch sehr sanfte Forderung des Bundesrates nach einer besonderen Kontrolle der Datenweitergabe beim BKA zurück: Die Einrichtung einer besonderen Kontrollinstanz sei nicht erforderlich, weil die Mitarbeiter »ausreichend sensibilisiert« seien, »was den Umgang mit besonders sensiblen personenbezogenen Daten anbelangt« und das BKA bereits heute ohne besondere Kontrolleinstanz sensible Daten an ausländische Stellen übermittelt.

DIE LINKE lehnt aus diesem Grunde und wegen der vielen rechtlichen, technischen und handwerklichen Fehler im Abkommen selbst und im Gesetz zu dessen Umsetzung beide Vorhaben konsequent ab.
Nun liegen uns heute ebenfalls Anträge von FDP und Grünen zur Beschlussfassung vor. Der Antrag der FDP bezieht sich auf das bereits angesprochene Ausgangsabkommen mit den USA, mit dem der umfassende Datenaustausch zwischen den USA und Deutschland eröffnet werden soll. Auch die FDP kritisiert u.a. den Umfang der Datenübermittlung, die ungenügende Datenschutz-Ausgestaltung in den USA - vor allem die Speicherfristen betreffend -, sowie die Weitergabe hochsensibler Daten zur Religionszugehörigkeit, Gewerkschaftszugehörigkeit und ethnischer Herkunft. Vor diesem Hintergrund wird eine Neuverhandlung des Abkommens zwischen den transatlantischen Partnern gefordert. Zwar ist dieser Antrag leider überholt, dennoch greift er dezidiert die inhaltliche Kritik an dem Abkommen unter den Gewerkschaften, in der LINKEN und unter den Bürgerinnen und Bürgern im Land auf. DIE LINKE wird deshalb dem Antrag der FDP zustimmen.

Die Grünen wollen ihrerseits vor allem die Rechte der Betroffenen, z.B. im Hinblick auf Auskunfts- und Widerspruchsrechte stärken. Anders als die FDP fordern die Grünen eine Überprüfung des Bedarfs eines solchen Abkommens. Dies findet die Unterstützung der LINKEN. Zugleich kann ich Ihnen mitteilen, dass wir einen solchen Bedarf bereits geprüft haben und zu einem eindeutigen Ergebnis gekommen sind: Dieses Abkommen muss besser gestern als heute aufgelöst werden und stattdessen für einen globalen, umfassenden Datenschutz gekämpft werden. Die Bundesregierung hat dies leider nicht verstanden. Da insbesondere die Union im Bund nicht aus der Regierungstätigkeit heraus, im Gegensatz zur Koalition in Hamburg, ihre Position zum Datenschutz grundlegend verändern kann, hoffe ich inständig, dass beide Fraktionen, also SPD und Union, in der kommenden Legislatur auf den Oppositionsbänken Platz nehmen, um an ihrer Haltung zum Datenschutz dort zu arbeiten.

Herzlichen Dank

Schlagwörter