Passgesetz: Millionen Bundesbürger werden erkennungsdienstlich behandelt

24.05.2007

Ins einer Rede zur zweiten und dritten Lesung des Passgesetzes kritisiert Jan Korte, dass mit der Erfassung von Fingerabdrücken und der zentralen Datei für biometrische Passdaten Millionen Bundesbürger erkennungsdienstlich behandelt werden. Zudem sei der neue Pass unsicherer als der alte.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei der CDU/CSU ist es relativ klar: Sie hat Orwell’sche Überwachungsfantasien. Bei der SPD ist es natürlich nur tragisch, dass sie hier mitteilen muss, das Ganze sei irgendwie nicht ganz so toll, aber man müsse es eben machen. Dann kommt die Ausrede, dass für all das die Europäische Union verantwortlich ist.

Das Entscheidende bei diesem Punkt ist, dass in dieser Angelegenheit insbesondere Otto Schily und mittlerweile Wolfgang Schäuble die treibende Kraft waren bzw. sind, die diese Maßnahmen auf europäischer Ebene durchdrücken wollten bzw. wollen. Diese übten bzw. üben dort nämlich Druck aus.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))

Was der Kollege Binninger sagte, stimmt so einfach nicht. Wir hatten doch eine Sachverständigenanhörung. Es gibt keinen konkreten praktischen Grund für dieses und keinen Nutzen aus diesem Passgesetz. Denn kein einziger Sachverständiger konnte sagen, dass die jetzigen Pässe unsicher sind. Im Gegenteil: Es wurde gesagt, das seien die sichersten Pässe, die es weltweit gibt. Das war die Aussage aller Sachverständigen, auch die der von Ihnen benannten. Also brauchen wir ein solches Gesetz überhaupt nicht.

Die Kollegin Piltz hat angesprochen, dass selbst der BKA-Chef Ziercke nach ungefähr sechs- bis siebenfacher Nachfrage eingeräumt hat, dass es in zwei Jahren ungefähr 100 Fälschungen gegeben hat, also de facto keine. Er konnte noch nicht einmal konkret sagen, ob es sich um wirkliche Fälschungen handelte, die für kriminelle Zwecke benutzt worden sind. So sieht nämlich die Wahrheit aus.

Es gibt weitere Gründe, warum die Linksfraktion ein solches Passgesetz ablehnt. Es hat nämlich nicht nur keinen Sinn, sondern ist auch das ist noch schlimmer ein großes Sicherheitsrisiko. Das sagen nicht nur wir, sondern zunehmend mehr Sachverständige, wie wir alle, die wir an der Anhörung teilgenommen haben, hören konnten.
Erstens. Die RFID-Technik das ist eine Funktechnik – ist unsicher und unausgereift. Auch das haben die Sachverständigen festgestellt.

Zweitens. Biometrische Merkmale, insbesondere Fingerabdrücke auch das haben die Sachverständigen eindrucksvoll dargestellt , verändern sich im Laufe eines Lebens. Bei hart arbeitenden Leuten verändern sie sich schneller. Auch deswegen ist das Ganze anfällig.

Drittens. Die Sachverständigen haben festgestellt, dass das Passgesetz, das Sie vorhaben, eine gigantische Fälschungsindustrie hervorrufen wird. Diese Kritik kommt nicht nur von uns, sondern wird auch von Sachverständigen geteilt, die sich damit lange beschäftigt haben.

Im Kern geht es um den Sicherheitsstaat, der Schäuble vorschwebt. Herr Binninger hat es gesagt: Natürlich greift man bei einem Onlinezugriff auf eine zentrale Datei zu. Das ist doch völlig klar; das ist völlig eindeutig. Denn auch wenn man dezentral online abrufen kann, kann man daraus heutzutage über Nacht technisch eine Zentraldatei machen. All das ist technisch möglich. Das ist das, was Sie wirklich wollen.

(Clemens Binninger (CDU/CSU): Das Gesetz schließt das aus!)

Davor graut es uns.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))

Es ist schon ein Skandal, wenn man sich überlegt, dass die Abnahme von Fingerabdrücken, also eine erkennungsdienstliche Methode für Verdächtige, auf die gesamte Bevölkerung ausgedehnt werden soll. Das sollte man sich einmal konkret vorstellen. Es ist nicht nur absurd, sondern ein Skandal, dass man eine ganze Bevölkerung erkennungsdienstlich behandelt. Das kann in einem Rechtsstaat, in einer Demokratie doch wohl nicht wahr sein.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Das reiht sich im Übrigen wunderbar in die Schnüffelproben und alle möglichen anderen ich muss vorsichtig sein Fehlgriffe ein, die sich Herr Schäuble und diese Bundesregierung in letzter Zeit leisten.

Ich fasse also zusammen: Es gibt keinen wirklichen Grund für dieses Passgesetz. Lehnen Sie es bitte ab! Auch wenn es Otto Schily finanzielle Einbußen bescheren mag, muss man es ablehnen. Es gibt keine wirkliche Notwendigkeit für dieses Gesetz. Es ist ein weiterer Schritt in Richtung Kontrolle und Überwachung. Im Kern bringt es weniger Freiheit, vor allem bringt es in diesem Punkte nachweislich weniger Sicherheit. Deswegen wird die Linksfraktion dieses Gesetz ablehnen. Danke.