Urteile zur Colonia Dignidad müssen auch in Deutschland Konsequenzen haben

20.02.2013

»Die LINKE begrüßt ausdrücklich das Urteil des Obersten chilenischen Gerichtshofs und die jüngsten Verhaftungen von fünf ehemaligen Mitgliedern der Führungsclique der Colonia Dignidad. Das Urteil ist ein wichtiger Etappensieg im Kampf der Opfer um Aufarbeitung der Verbrechen in der Sekten-Siedlung. Jetzt müssen auch endlich hierzulande Konsequenzen folgen», erklärt Jan Korte, Mitglied im Vorstand der Fraktion DIE LINKE, zum Urteil des chilenischen Obersten Gerichtshofs in Sachen Colonia Dignidad. Korte weiter:

 

»Dass gestern in Chile fünf ehemalige Führungsmitglieder der Colonia Dignidad verhaftet wurden, um die gegen sie am 25. Januar 2013 vom Obersten Gerichtshof verhängten langjährigen Gefängnisstrafen wegen Beihilfe zur Vergewaltigung Minderjähriger und sexuellem Missbrauch bzw. Kindesentführung und Kindesentzug zu vollstrecken, ist ein Beleg dafür, dass es die chilenische Justiz endlich Ernst mit der Strafverfolgung der Verbrechen der Colonia Dignidad meint. Viel zu lange wurde in Chile und der Bundesrepublik diesbezüglich nur halbherzig oder gar nicht agiert.

 

Es ist nach wie vor unfassbar, wie hierzulande jahrzehntelang von der Bonner Staatsanwaltschaft ergebnislos ermittelt und von offizieller Seite abgewiegelt wurde. Damit muss jetzt endlich Schluss sein. Das chilenische Urteil gegen die Nr. 2 der Colonia Dignidad, den 2011 nach Krefeld geflüchteten Sektenarzt Hartmut Hopp, muss in Deutschland zügig vollstreckt werden. Die zuständige Staatsanwaltschaft in Krefeld ist hier in der Pflicht tätig zu werden und dafür zu sorgen, dass auch ihre eigenen Ermittlungen gegen Hopp wegen Beihilfe zum sexuellen Kindesmissbrauch, Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung und Beihilfe zum Mord von politischen Gefangenen schnell vorankommen. Hier ist das nordrhein-westfälische Justizministerium aufgefordert, die notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen.

 

Darüber hinaus müssen die deutschen Behörden endlich aktiv zur Aufklärung der Geschichte der Colonia Dignidad beitragen. Es kann nicht sein, dass BND und Kanzleramt nach wie vor ihre Akten zur Colonia Dignidad unter Verschluss halten. Die Opfer und die Öffentlichkeit haben ein Recht darauf, zu erfahren, was die Bundesregierung über das Terrorregime der Sekte, die Zusammenarbeit mit der Pinochet-Diktatur, die Morde an chilenischen politischen Gefangenen und die Rolle der Colonia Dignidad beim Waffenhandel wusste.

 

Für die Opfer ist es ebenfalls unerträglich, wenn heute mit Bundesmitteln Tourismusprojekte in der inzwischen umbenannten Siedlung unterstützt werden, während die dort begangenen Verbrechen totgeschwiegen werden. Statt also nach wie vor mit jährlich bis zu 250.000 Euro aus dem Entwicklungshilfeetat die Kolonie finanziell zu unterstützen, sollte die Bundesregierung diese Gelder umgehend für erinnerungspolitische Maßnahmen, wie z. B. den Bau einer Gedenkstätte oder eines Mahnmals auf dem Gelände der ehemaligen Colonia Dignidad, verwenden. Das ist die deutsche Politik den hunderten Opfern schuldig!»