Eiertanz um Freitische ist sozialpolitischer Skandal

27.03.2009

Zur anhaltenden Debatte um Freitische an Schulen in Sachsen-Anhalt erklärt MdB Jan Korte:

»Die Vorgaben durch das Landesschulgesetz sind eindeutig: § 72a verpflichtet die Schulträger Kindern ‚in besonderen Fällen’ unentgeltlich eine warme Mahlzeit anzubieten. Der Paragraf im Wortlaut: ‚Die Schulträger sollen im Benehmen mit dem Schülerrat und dem Schulelternrat schultäglich eine warme Vollwertmahlzeit für alle Schülerinnen und Schüler vorsehen. Dabei soll ein sozial angemessener Preis gewährleistet werden. In besonderen Fällen sind Freitische zur Verfügung zu stellen.’

Ein Viertel aller eingeschulten Kinder im Salzlandkreis leben in Sozialleistungsfamilien. Das macht offenkundig, dass gerade an den Grundschulen extremer Handlungsbedarf besteht. Dieses Gesetz ist eine von vielen Maßnahmen bundesweit, die auf eine von den Hartz-Gesetzen geschaffene Armut reagieren. Problematisch ist jedoch, dass das Landesgesetz die Verantwortung an die Kommunen und Landkreise weitergibt ohne dass sich das Land an den finanziellen Folgen beteiligt.

Dass dies aber kein Hinderungsgrund für Kommunen sein muss zeigt, dass das Landratsamt des Salzlandkreises nun eine entsprechende Verwaltungsrichtlinie vorgelegt hat. Eltern, die Arbeitslosengeld II bekommen, einen Kindergeldzuschlag erhalten, Sozialhilfe oder Grundsicherung beziehen oder Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz können hier jetzt einen Antrag an die Schule richten. Dies ist sehr zu begrüßen und hoffentlich eine Initialzündung für den Rest des Landes. Weitere Kreise sollten sich schnell ein Vorbild nehmen und ähnlich wie DIE LINKE im Kreistag des Salzlandkreises die Debatte um kostenloses Mittagessen vorantreiben.

Da die Kreise nur für die weiterführenden Schulen und Lernbehindertenschulen verantwortlich sind, müssen jetzt auch die Kommunen, als Träger der Grundschulen, mancherorts auch als Träger der Sekundarschulen, endlich nachziehen.

Das Beispiel Staßfurt, wo Antragstellern von der Stadt nicht einmal ein schriftlicher Bescheid gewährt wurde, zeigt wie stiefmütterlich das Thema bisher behandelt wird und wie würdelos mit Bedürftigen umgegangen wird. Auch dass die dazu vorliegende Stadtratsvorlage der LINKEN sich nicht auf der Tagesordnung des nächsten Stadtrates befindet, ist einfach ignorant. Der Eiertanz, der hier aufgeführt wird, muss endlich ein Ende finden. Wird die Umsetzung der Vorgaben des Landesgesetzes (die immerhin seit 2005 bestehen!) weiter verschleppt, müssen dies am Ende wieder die ALG-II Empfängerinnen und Empfänger ausbaden, diejenigen, die sowieso schon am meisten unter den sozialpolitischen Kapriolen der letzten Jahre zu leiden haben.«

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