Sobibor: Bundesregierung lässt sich bitten

10.10.2014

Die Erinnerung an die deutschen Verbrechen der Nazizeit gehört zu den zentralen geschichtspolitischen Aufgaben unserer Gesellschaft. Angesichts der Tatsache, dass die letzten Zeitzeuginnen und Zeitzeugen der nationalsozialistischen Verfolgungs- und Vernichtungspolitik in wenigen Jahren kein Zeugnis mehr ablegen können, kommt dem Erhalt der historischen Orte sowie der Erweiterung der dortigen Bildungsangebote noch einmal eine besondere Bedeutung zu.

Im Sommer 2011 berichteten Medien, dass die polnische Gedenkstätte in Sobibor wegen fehlender Finanzierung schließen musste. Sobibor gehört zu den Vernichtungslagern, die nicht so bekannt sind wie Auschwitz oder Treblinka. Zu Unrecht. Denn in Sobibor, Belzec und Treblinka wurden zwischen Juli 1942 und Oktober 1943 über zwei Millionen Juden sowie rund 50.000 Roma im Rahmen der „Aktion Reinhardt“, der planmäßigen Ermordung der Juden des Generalgouvernements, umgebracht. Allein im Vernichtungslager Sobibor wurden nach Schätzungen bis zu 250.000 Juden in Gaskammern ermordet. Sobibor steht aber auch für den Widerstand der Häftlinge. Am 14. Oktober 1943 erhoben sich die Häftlinge dieses Vernichtungslagers, und vielen gelang unter großen Opfern die Flucht.

Um den Erhalt und die Unterhaltung der Gedenkstätten der in deutscher Verantwortung in Polen errichteten Vernichtungslager sicher zu stellen, brachte DIE LINKE im September 2011 den Antrag „Erhalt der Gedenkstätten nationalsozialistischer Vernichtungslager sicherstellen“ (17/7028) in den Bundestag ein. Die damalige schwarz-gelbe Koalition begründete ihre Untätigkeit in Sachen Sobibor damit, dass die polnische Seite sich bisher nicht an die Bundesregierung mit der Bitte um Unterstützung zum Erhalt der Gedenkstätte gewandt hätte. Warten auf Bitten um Unterstützung ist das eine, eine aktivere Haltung wäre hier aber das Richtige gewesen.

Nun berichtete kürzlich jedoch Spiegel Online (23.9.2014), dass sich die Bundesregierung entgegen früherer Aussagen jetzt doch an der Finanzierung der Gedenkstätte im ehemaligen Vernichtungslager Sobibór beteiligt. Jan Korte stellte daher eine schriftliche Frage, um zu erfahren, ob der Medienbericht zutrifft und wie diese Beteiligung genau aussieht. Die Antwort der Bundesregierung liegt nun vor:

„Die Bundesregierung hat stets ihre Bereitschaft bekräftigt, sich für den Erhalt der Gedenkstätte Sobibor zu engagieren. Im März 2014 hat Polen erstmals offiziell um eine solche Beteiligung gebeten. Der deutsche Botschafter in Warschau, Rolf Nikel, hat daraufhin im Mai 2014 in einem Schreiben an die polnische Seite die deutsche Bereitschaft zur Unterstützung nochmals bekräftigt. Zu Einzelheiten betreffend Art und Umfang der deutschen Beteiligung steht die Bundesregierung über die Botschaft Warschau in Gesprächskontakt mit dem polnischen Kulturministerium.“

Das ist zwar einmal mehr eine völlig unkonkrete Antwort, aber immerhin ist jetzt klar, dass Polen offiziell um Hilfe gebeten und die Bundesregierung zumindest Bereitschaft zur Unterstützung signalisiert hat. DIE LINKE erwartet, dass die Regierung sich nicht länger bitten lässt und ausreichende Mittel, speziell zum Bau der neuen Gedenkstätte rund um die kürzlich ausgegrabenen Fundamente der Gaskammern, zur Verfügung stellt.