Ministerbesuch im Neuland

11.03.2014
Philipp Vergin

Die Bundesregierung will sich nach eigenem Bekunden den Herausforderungen des technischen Fortschritts stellen. Gestern Nachmittag versuchten deshalb Innenminister Thomas de Maizière (CDU), Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) und Infrastrukturminister Alexander Dobrindt (CSU) auf der Cebit, der weltweit größten Messe für Informationstechnik, gemeinsam Neuland zu betreten und die sogenannte "Digitale Agenda 2014 - 2017" vorzustellen. In dieser sollen die Schwerpunkte der Regierung in der „Digitalpolitik“ festgelegt werden und im Sommer 2014 dann auch ein entsprechender Kabinettbeschluss folgen. Doch der groß angekündigte Auftritt der drei Minister geriet eher zu einer Lachnummer. Zuerst erschienen die Herren über 20 Minuten zu spät zu ihrem ach so wichtigen Termin. Dann ging schon nach gut 20 Minuten im Internet nichts mehr, da der Livestream der Übertragung pünktlich zum vorgesehenen Ende der Konferenz um 15:00 Uhr abgeschaltet wurde. Cebit at it‘s best. Als ob das nicht schon peinlich genug wäre, verbrachten die Herren einen Großteil ihrer Erklärungen damit, mit allerlei merkwürdigen Metaphern zu rechtfertigen, warum nicht ein Ministerium in Sachen Internet federführend ist, sondern eben ihre drei.

Und als es inhaltlich wurde offenbarte vor allem der Kollege de Maizière eine gelinde gesagt recht eigentümliche, aber auch erhellende, Auffassung von seinem Job als Verfassungsminister. Nachdem er die große Bedeutung des Vertrauens in die Sicherheit des Internets hervorgehoben hatte, plädierte er dafür, sich beim Thema Sicherheit nicht so sehr auf die NSA und andere Geheimdienste zu konzentrieren. Wenn diese auf einen Schlag die Massenüberwachung des Internetverkehrs einstellen würden, wäre das Internet seiner Ansicht nach genau so unsicher wie zuvor: „Eine Fixierung auf die NSA wird der Sache nicht gerecht“, denn „wenn die NSA morgen aufhören würde, wäre nicht viel gewonnen“. Aha. Das erklärt dann natürlich, warum die Bundesregierung seit Beginn der Enthüllungen von Edward Snowden vor einem dreiviertel Jahr alles daran setzte durch Abwiegeln und Untätigkeit jegliche Aufklärung über das Ausmaß der Überwachung oder gar Konsequenzen zu verhindern.

Nun ja, dass der für Verfassungsschutz und BND zuständige Oberüberwachungsminister Angst vor einer breiten gesellschaftlichen Geheimdienst- und Bespitzelungsdebatte hat, ist verständlich, müsste dann doch auch über die Aktivitäten der fleißigsten Ausspähpartner der NSA hierzulande geredet werden. Das geht natürlich nicht, wo kämen wir dahin, wenn der Staat nicht mehr unbegrenzt schnüffeln dürfte? De Maizière weiß Rat: Nötig sei vielmehr ein Schutz mit drei Aspekten: durch Recht, Technik sowie Vorsicht und Umsicht! Alles nach dem Motto. „Hier gibt es nichts zu sehen, bitte weiter gehen. Wir haben alles unter Kontrolle.“

Klar scheint zumindest eins: Der Regierung fehlt es nach wie vor eindeutig en Einsicht. In Punkto Wortakrobatik und Täuschung der Öffentlichkeit macht ihr so schnell niemand etwas vor.