Jan Korte, MdB (DIE LINKE) (www.jan-korte.de)

Kriegsverrat. Vergangenheitspolitik in Deutschland - Analysen, Kommentare und Dokumente einer Debatte.

von Jan Korte und Dominic Heilig (Hrsg.), Karl Dietz Verlag, Berlin 2011

27.08.2013

von Torsten Haselbauer
„Kriegsverrat. Vergangenheitspolitik in Deutschland” ist der Titel einer kürzlich im Dietz-Verlag erschienen Dokumentation des Linken-Bundestagsabgeordneten Jan Korte und des Mitarbeiters der Bundestagsfraktion der LINKEN in Brandenburg Dominic Heilig. Sogenannte Kriegsverräter und deren Rehabilitierung waren nämlich das Thema vieler Debatten der letzten Legislaturperiode im Deutschen Bundestag. Dabei verweigerten sich zu Beginn nicht nur klassische Konservative, die deutsche Militärgerichtsbarkeit als das zu benennen was sie war: Nämlich blutiges NS-Unrecht! So führte die schwammige Formulierung des Kriegsverrats-Paragrafen dazu, dass neben dem Desertieren aus der Wehrmacht bereits ein systemkritischer Tagebucheintrag, der Versuch Juden vor der sicheren Ermordung zu retten oder einem sowjetischen Kriegsgefangenen ein Stück Brot zuzustecken zur Todesstrafe führte.

Von 30.000 zum Tode Verurteilter ereilte mindestens die Hälfte dieses Schicksal. Vor diesem Hintergrund ließen die beiden Autoren in ihrem 208 Seiten starken Gemeinschaftswerk ihre Erfahrungen mit Koalitions- und Fraktionsdisziplin, dem Zusammenspiel von Medien und Politik, der Aufarbeitung der deutschen NS-Vergangenheit in der Bundesrepublik und der Durchsetzungsfähigkeit der LINKEN noch einmal Revue passieren.

Dass die beiden Politikwissenschaftler sich entschieden, die Geschichte der schließlich geglückten Rehabilitierung der „Kriegsverräter” publik zu machen, verdankt sich vor allem Ludwig Baumann. Am Anfang steht dann auch ein ausführliches, sehr persönliches Interview der Herausgeber mit ihm, einem Überlebendem der wegen „Kriegsverrats” verurteilt wurde. Aufbauend auf einer umfassenden Studie der renommierten Historiker Wolfram Wette und Detlef Vogel, geht Korte der Frage nach, was diese Kriegsverratsbestimmungen überhaupt beinhalten, inwieweit sie Teil des NS-Unrechts waren und warum die Entlarvung der NS-Militärjustiz in der Geschichte der Bundesrepublik auf so zähen Widerstand stieß. Ganz in dieser Tradition fand dann auch der parlamentarische und außerparlamentarische Kampf für die Rehabilitierung der Wehrmachtsdeserteure und „Kriegsverräter” statt, welcher detailliert rekonstruiert wird. Dies gelingt in anschaulicher Weise - auch durch die reichhaltige Veröffentlichung von Plenarprotokollen, ausgewählten Medienberichten und prägnanten Interviews mit verantwortlichen Politikern jener Zeit, welche die spannende Dokumentation aufschlussreich abrunden.

Dementsprechend werden überraschende Einblicke in die nicht immer Wohlgefühl erzeugende parlamentarische Alltagsarbeit gewährt, wie sie ansonsten von Nichtparlamentariern wohl kaum wahrgenommen wird. Es offenbart den ungeheuren Druck und die vielfältigen verleumderischen Ausfälle, mit denen sich die PDS- und Linksfraktion stetig konfrontiert sah bzw. noch heute sieht. Trotz alledem gelang es dank parlamentarischen Engagements und geduldiger Überzeugungsarbeit der LINKEN - maßgeblich initiiert durch die beiden Autoren - 2009, die Rehabilitierung der „Kriegsverräter” durchzusetzen.

So setzt dieses Buch in eindrucksvoller Weise einem der größten parlamentarischen Erfolge der Bundestagsfraktion auf dem Gebiet der hart umkämpften Geschichtspolitik ein Denkmal. Vor allem aber wird mit der Legende einer doch irgendwie rechtsstaatlichen agierenden NS-Militärjustiz gründlich aufgeräumt und den „Kriegsverrätern” der Platz in der Geschichte zugestanden der ihnen zusteht: Als diejenigen einfachen Soldaten, die sich der Fortsetzung des Krieges mit ihren Mitteln widersetzten. Ganz im Unterschied zu so vielen ihrer „Kameraden”. Endlich mal ein Buch, dessen Kauf man jedem Leser nur empfehlen kann.

Jan Korte, Dominic Heilig: Kriegsverrat. Vergangenheitspolitik in Deutschland - Analysen, Kommentare und Dokumente einer Debatte. Karl Dietz Verlag, Berlin 2011, 208 S., 14,90 Euro.

Rezensionen zum Buch sind unter anderem hier erschienen:

taz vom 29.10.2011: "Die Legende vom Kriegsverräter"

Neues Deutschland vom 21.07.2011:"Hätte es mehr Mutige gegeben"

Rosa-Luxemburg-Stiftung am 27.06.2011: "´Stahlhelmflügel´ der Union verliert Deutungshoheit"

Junge Welt vom 19.12.2011: "Geschiebe und Gezerre"

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