Bundesregierung lenkt im Streit um NS-Opferrenten ein
Bislang hat die Bundesregierung Opfern des Nationalsozialismus beim Umzug in ein Alten- oder Pflegeheim die Opferrente gekürzt. Diese umstrittene Regelung hat das Bundesfinanzministerium nun aufgehoben. Die Linksfraktion hatte 2018 einen entsprechenden Antrag [PDF] eingebracht. Alle Berechtigten, die seit Januar in ein solches Heim umgezogen sind, "erhalten weiterhin Leistungen in der Höhe, die sie zum Zeitpunkt des Umzugs erhalten haben", heißt es in der Durchführungsanordnung [PDF], die das Ministerium an die für die Zahlungen zuständige Generalzolldirektion Köln erließ. Mindestens sind demnach 415 Euro zu zahlen. Für Berechtigte, die vor 2019 in ein Heim umgezogen sind, gilt die Neuregelung mit Wirkung zum Jahresbeginn.
Jan Korte begrüßt den Vorstoß des Bundesfinanzministeriums als einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung. "Er war allerdings längst überfällig, um die beschämende und diskriminierende Kürzung der Härteleistung für die wenigen noch lebenden Opfer zu beenden. Und er ist auch das Resultat der Proteste der Bundesvereinigung der Opfer der NS-Militärjustiz sowie nicht zuletzt unseres Antrags, ohne die sich die Bundesregierung von alleine nicht bewegt hätte", unterstreicht Korte.
Das Bundesfinanzministerium hatte bisher dahingehend argumentiert, dass sich bei einem Umzug in ein Heim der finanzielle Bedarf der NS-Opfer ändere, weil andere Einrichtungen hinzutreten, die Kosten übernehmen. Laut Bundesregierung gibt es aktuell noch 26 Fälle, auf die die Neuregelung zutrifft.
Die aktuelle Debatte hat ihren Ursprung im Fall des Wehrmachtsdeserteurs und Friedensaktivisten Ludwig Baumann, der am 5. Juli 2018 verstarb. Weil er verspätet den Umzug in ein Pflegeheim gemeldet hatte, erhielt sein Sohn nach dem Tod eine Rückzahlungsforderung über 4.000 Euro. Baumann, der wegen Kriegsverrats erst zum Tode verurteilt worden und dann in ein KZ gekommen war, bezog seit 1993 Opferrente. 2017 zog der Träger des Aachener Friedenspreises in ein Heim. Statt 660 Euro wurden ihm nur noch 352 Euro "Heimtaschengeld" bewilligt.
Die leichte Erhöhung der Leistungssätze auf 415 Euro jetzt reicht nach Auffassung vonJan Korte nicht: "Besser wäre eine sofortige Anhebung der Leistungen für alle NS-Opfer auf die Höhe der BEG-Mindestrente von derzeit 541 Euro. Und dagegen spricht aus unserer Sicht nichts, im Gegenteil: Das hohe Alter der Opfer gebietet eine schnelle Angleichung. Deshalb bleiben wir bei unserem Antrag und ich hoffe im Interesse der Opfer, dass Finanzminister Scholz schnell umdenkt und mit der Angleichung nicht noch bis 2021 wartet."