Klarer Kurs auf die soziale Frage
DIE LINKE steht aktuell zwischen 7 und 8 Prozent. Damit können wir in keiner Weise zufrieden sein. Die vergangenen Niederlagen bei den Kommunalwahlen in NRW, der Europawahl und den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg wurden viel zu wenig aufgearbeitet. Über die politische Verantwortung dafür wurde gleich gar nicht diskutiert.
Nun, am Beginn des Superwahljahres und in Zeichen der Pandemie, ist es dringend erforderlich sich strategisch, inhaltlich und personell aufzustellen. Und zwar so, dass DIE LINKE erfolgreich sein kann und damit die Politik in Deutschland massiv ändern kann.
Alle Befragungen zeigen, dass der LINKEN in Sachen sozialer Gerechtigkeit am meisten Kompetenz zugetraut wird. So wie den Grünen höchste Kompetenz in Sachen Umwelt- und Klimaschutz zugeschrieben wird (egal, wie wir das finden und ob es glaubwürdig ist).
Zunächst ist es meines Erachtens erforderlich sich auf unsere Kompetenz zu konzentrieren und eine überschaubare, klare und stringente Themensetzung im Zeichen der Pandemie zu entscheiden. Dabei ist davon auszugehen, dass wir schwere verteilungspolitische Auseinandersetzungen haben werden. Eine klare Fokussierung auf unsere Schwerpunktthemen kann sowohl unsere StammwählerInnen mobilisieren, als auch Wählerinnen und Wähler aus dem Nichtwählerlager gewinnen.
Ich schlage die Fokussierung auf lediglich vier Punkte vor. Dies bedeutet natürlich nicht, zu anderen Themen zu schweigen oder keine konzeptionellen Arbeiten auf anderen Gebieten vorzunehmen. Aber diese vier Punkte sollten auf allen Ebenen der Partei und der Fraktionen durchgearbeitet werden und stetig wiederholt werden.
Als ersten Punkt sollte die Forderung nach einen Vermögensabgabe popularisiert werden. Wer zahlt für die Krise? Wird es so laufen wie immer, dass nämlich die kleinen Leuten die Zeche zahlen? Oder gibt es eine Abgabe, die nach Berechnungen für die Bundestagsfraktion Milliarden Euro einnimmt und gleichzeitig ein maximalen Symbolwert für Umverteilung von oben nach unten hat? Natürlich sollte diese Forderung umrahmt werden von einem Steuerkonzept. Klar. Aber zentral für die Wahlen sollte die Forderung nach einer Vermögensabgabe sein.
Kurz: Vermögensabgabe für Milliardäre!
Zweiter Baustein der Schwerpunktsetzung kann das Verbot von Waffenexporten sein. Dies korrespondiert mit unserer klaren, friedenspolitischen Grundhaltung als Linke. Außerdem ist es eine Forderung die nachvollziehbar, stringent und realistisch ist. Das Verbot von Waffenexporten ist moralisch zweifelsfrei richtig, geboten und kann unsere friedenspolitischen Positionen insgesamt transportieren. Gleichzeitig greift diese Forderung den Wunsch nach außenpolitischer Stabilität auf. Das Ende der dreckigen Waffenexporte bringt mehr Sicherheit, weniger Krieg und weniger Leiden.
Kurz: Waffenexporte beenden!
Dritter Punkt sollte den allgemeinen Erfahrungen von Pandemie und Gesundheitssystem gelten. Und zwar nicht abstrakt, sondern klar und pointiert. Kern sollte die Forderung sein, die Marktlogik aus dem Gesundheitssystem zu verbannen. Die Entprivatisierung der Krankenhäuser ist dabei die zentrale Forderung. Dies trifft den Nerv der Menschen. Es lässt sich in eine größere Erzählung für eine neue Ära der Solidarität und eine neue Zeit mit einem starken Sozialstaat verbinden. Außerdem habe gerade in den ländlichen Regionen die Menschen erlebt, was die Privatisierung von Kliniken bedeutet.
Kurz: Entprivatisierung des Gesundheitssystems!
Vierter und letzter Punkt sollte die Forderung nach einem gerechten Bildungssystem sein, dass keinen zurück lässt und eine Hilfestellung sein kann, um besonders arme Kinder zu unterstützen. Ein gemeinsames, top-finanziertes Bildungssystem muss die Forderung sein. Hier kann auch auf die Erfahrungen unser Landesregierungen zurückgegriffen werden, die Partei ist auch in dieser Frage gemeinsam überzeugt.
Kurz: Ein Top-Bildungssystem für alle!
Die Konzentration auf drei oder – wie hier – vier Punkte muss so organisiert werden, dass die Partei massiv mobilisiert wird. Daher sind diese Forderung kurz, knapp und zugespitzt zu popularisieren und gleichzeitig müssen sie von unseren Fachleuten konzeptionell umrahmt werden.
Zur Frage der Umsetzbarkeit unserer Forderungen sollten wir aus den alten, ermüdenden Debatten aussteigen und selbstbewusst sagen: Diese vier Forderungen sind für uns zentral. Wenn es in einer Regierung möglich ist, sie durchzusetzen, werden wir das machen. Wenn es in einer Regierung nicht durchzusetzen ist, werden wir eben versuchen es aus der Opposition heraus durchzusetzen.
Dafür ist zentral, dass die ganze Partei und die Fraktion solch eine Fokussierung und Schwerpunktsetzung gemeinsam mitträgt und sie durch ihr Personal ohne Ende bei jeder Gelegenheit kommuniziert wird. Entscheidend dabei ist eine Sprache zu sprechen, die die Menschen verstehen. DIE LINKE muss natürlich den Kopf der Leute erreichen. Wenn wir aber wieder stärker werden wollen, müssen wir eben auch den Bauch der Leute erreichen. Empirische Befunde zur sozialen Ungleichheit in Deutschland müssen verbunden werden mit realen Erzählungen in denen sich die Leute wieder finden. Die Formel lautet: Statistik + emotionale Erzählung = erfolgreicher Kampf.
DIE LINKE steht für eine grundlegende Erneuerung und Stärkung des Sozialstaates. Wir machen ein Angebot an diejenigen, die täglich ausgebeutet und entwürdigt werden, denn für sie sind wir gegründet worden. Aber wir sagen auch: Wir brauchen auch diejenigen, und wollen sie gewinnen, denen es ökonomisch oftmals ganz gut geht, die aber in keiner gespaltenen Gesellschaft, sondern in einer solidarischen Gesellschaft leben wollen.
Das Ganze muss – last but not least – personell untersetzt werden. So schade es für Linke auch ist: Inhalte sind sehr wichtig, Personen aber auch. Ist halt so. Daher müssen sich die Spitzenleute eben verständigen, wer was macht, wer wo ankommt und wie man die, die populär sind einbindet. Befindlichkeiten wurden genug ausgetauscht. Jetzt zählt der Erfolg.
Jan Korte MdB
Erster Parlamentarischer Geschäftsführer
DIE LINKE Bundestagsfraktion