Jan Korte, MdB (DIE LINKE) (www.jan-korte.de)

Debatte um Familiennachzug mutiert zu Wettbewerb in Scheinheiligkeit

31.01.2018

Wer in Deutschland nach dem Asylgesetz als Flüchtling anerkannt ist, kann enge Familienangehörige nachholen. Das gilt auch für Schutzbedürftige nach der Genfer Flüchtlingskonvention. Für Flüchtlinge mit subsidiärem, also mit eingeschränktem Schutzstatus, gilt ein solcher Anspruch nicht, wenn sie nach März 2016 ins Land gekommen sind, denn seitdem wurde der Familiennachzug von der GroKo bis Mitte März 2018 ausgesetzt. Betroffen sind vor allem syrische Flüchtlinge, die aufgrund des anhaltenden Krieges nicht in ihr Land zurückkehren können. Dies führt - neben erheblichen verfassungs-, menschen- und völkerrechtlichen Problemen –  dazu, dass die Integration der hier lebenden Menschen, die über Jahre hinweg vom eigenen Kind, von der Mutter oder vom Ehemann getrennt sind, nur schwer oder nicht vorankommt.

 

Das sahen auch die Delegierten des letzten SPD-Parteitages so und gaben für neuerliche Groko-Verhandlungen nur grünes Licht, wenn beim Familiennachzug nachgebessert und eine weitergehende Härtefallregelung vereinbart wird. Nun liegt das Ergebnis der Verhandlungen auf dem Tisch:

 

Der Rechtsanspruch auf Familiennachzug zu Bürgerkriegsflüchtlingen soll dauerhaft gekippt werden. Ersetzt wird das durch eine bloße Ermessensregelung, nach der bis zu 1.000 Familiennachzüge pro Monat ermöglicht werden können – die Betonung liegt auf „können“ und „bis zu“, denn es könnten nach dem Gesetzeswortlaut auch nur drei oder vier im Monat sein. Der Deutsche Anwaltverein kommt deshalb zu dem Ergebnis, es handele sich um eine unglaubliche Verschlechterung für die Menschen. Der Familiennachzug sei „unfassbar schlecht von der SPD verhandelt“ worden.

 

Trotzdem gibt die SPD wieder ihren alten Gassenhauer „Hervorragendes Ergebnis“ zum Besten:

Schulz behauptet, die SPD habe sich durchgesetzt und eine Regelung „1.000 +“ erzielt. Andrea Nahles sekundiert und lobt die Vereinbarung als „sachlichen und vernünftigen Kompromiss“. Der Wahrheit näher kommen da die Erklärungen von CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt: „Mit der Neuregelung wird der Anspruch auf Familiennachzug für subsidiär Geschützte endgültig abgeschafft.“ Und „neue Härtefallregelungen, die ein Mehr an Zuwanderung bedeutet hätten, gibt es nicht.“

 

Man kann jetzt zu Recht fragen, wer der größere Scheinheilige ist? Vielleicht die SPD, denn wenn die Sozialdemokraten der weiteren Aussetzung des Familiennachzuges am 1. Februar im Bundestag nicht zustimmen würden, wäre er ab 17. März zwangsläufig wieder unbegrenzt möglich.

 

Oder doch die Union, die sich ja traditionell beim Thema Scheinheiligkeit nur ungern überbieten lässt? Zu Weihnachten gehen viele Christdemokraten und Christsoziale in die Kirche und gedenken der Geschichte des Jesuskindes und der „heiligen Familie“. Und sie finden nichts daran – entgegen aller Proteste beider Kirchen – zeitgleich eine Kampagne gegen die Zusammenführung von schutzbedürftigen Frauen, Männern und Kindern zu betreiben.

 

Statt sich um die wirklichen Probleme in Deutschland und in der Welt zu kümmern, streiten sich Union und SPD darum, wie sie 60.000 geschundenen Familien das Leben so schwer wie möglich machen können. Statt sich endlich um den sozialen Wohnungsbau, um die Kitas und Schulen zu kümmern und die Opfer des furchtbaren Krieges in Syrien endlich zur Ruhe und zusammen kommen zu lassen, wird fröhlich das Lied der AfD gesummt.

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